Norddeutscher Bund
Grundlage der wichtigsten Handfeuerwaffen Preußens und seiner verbündeten Staaten bildete das Zündnadelgewehr des thüringischen Handwerkers Nikolaus Dreyse (1787-1867). Dieser entwickelte in den 1830er Jahren den Prototyp des Zündnadelgewehrs die letztlich in das Zündnadel-Infanteriegewehr M/1841 mit gezogenem Lauf, Hinterladersystem und Einheitspatrone führte.[9]
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Darstellung des Dreyse-Zündnadelgewehrs sowie der acht Schritte des Ladevorgangs in französischer Sprache (© Musée de l'Armée Paris) |
Durch Ausbau der Produktionskapazitäten konnte Preußen 1866 etwa 268.000 Mann mit den Zündnadelgewehren Dreyse’schen Modells ausrüsten und die Überlegenheit gegenüber den von Österreich und seinen Verbündeten genutzten Vorderladersystemen demonstrieren.
Infanteriegewehr M/41 Länge ca. 1,43 m Gewicht ca. 4,8 kg (ohne Beiwaffe) |
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Füsiliergewehr M/60 Länge ca. 1,30 m Gewicht ca. 4,7 kg (ohne Beiwaffe) |
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Infanteriegewehr M/62 Länge ca. 1,34 m Gewicht ca. 4,7 kg |
Im Krieg von 1870/71 kamen vordringlich die in der folgenden Tabelle aufgeführten Zündnadel-Gewehre und Karabiner zum Einsatz, die alle vom Kaliber 15,43 mm waren.
Modell | Bestand am 15. Juli 1870[10] | Bemerkung |
Infanteriegewehr M/41 | 359.951 bei der Truppe 88.559 in den Artillerie-Depots |
Keine weitere Produktion in den Fabriken |
Infanteriegewehr M/62 | 137.339 bei der Truppe 254.447 in den Artillerie-Depots |
Lieferung des Schaftes in zwei Längen Bewaffnung von 32 preußischen Regimentern und Teilen der badischen, hessischen, sächsischen und württembergischen Regimenter; bis Ende des Krieges wurden 297.228 Stück geliefert[11] Bewaffnung des braunschweigischen Regiments Nr. 92 |
Füsiliergewehr M/60 | 55.802 bei der Truppe 46.063 in den Artillerie-Depots |
Auch hier konnten zwei Schaftlängen ausgeliefert werden, erkennbar an den Stempeln „LA“ oder „KA“ auf der rechten Kolbenseite Bewaffnung der Füsilier-Regimenter, bis 1871 wurden 101.886 Stück produziert[12] Auch das sächsische Schützen-(Füsilier-) Regiment Nr. 108 war damit bewaffnet |
Jägerbüchse M/65 | 17.150 bei der Truppe 7.875 in den Artillerie-Depots |
Schäfte konnten in zwei Längen ausgeliefert werden Bewaffnung der preußischen und Jäger und Schützen sowie der sächsischen Jäger, bis 1871 erhöhte sich die Produktion auf 29.896 Stück[13] |
Pioniergewehr U/M | 10.504 bei der Truppe 1.945 in den Artillerie-Depots |
Umbau älterer Gewehre, vor allem alter Pikenbüchsen M/54 der Jäger Bewaffnung der Pioniereinheiten, insgesamt wurden 12.449 umgebaute Pioniergewehre hergestellt |
Pioniergewehr M/69 | 2.202 in den Artillerie-Depots | Während des Krieges von 70/71 wurden weitere 3.535 Stück produziert[14] |
Karabiner M/57 | 27.456 bei der Truppe 19.053 in den Artillerie-Depots |
Ordonnanzwaffe für die Mannschaften der Husaren und Dragoner gemäß A.K.O. vom 3. Februar 1859 Der Karabiner konnte mittels zwei Ringe am Bandolier eingehängt werden |
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Preußischer Landwehrmann mit Zündnadelgewehr M/41, gut erkennbar an der Kolbenbacke. (Sammlung Hans-Dieter Zimmer; Abbildung kann mit dem Mauszeiger vergrößert werden) |
Die meisten deutschen Kleinstaaten hatten bereits vor dem Krieg von 1866 aus preußischen Beständen Zündnadelgewehre erworben. Im Königreich Sachsen erfolgten noch vor dem Krieg an der Seite Österreichs eigene Versuche mit Hinterladern, die jedoch nach der Niederlage und der Eingliederung der sächsischen Armee in die preußische Armee eingestellt wurden. Am 18. April 1867 heißt es in Berlin, dass "die Ausrüstung … des sächsischen Armeecorps mit Zündnadelgewehren (System Dreyse) bereits erfolgt ist."[15] Dies resultierte aus der Militärkonvention mit Preußen, die einheitliche Bewaffnung innerhalb des Norddeutschen Bundes war übrigens in dessen Verfassung verankert.
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Infanteristen des Herzoglich Braunschweigischen Infanterie-Regiments Nr. 92 mit Zündnadelgewehren M/62. Diese sind schnell über die Kugelspitzen der Ladestöcke und der fehlenden Kolbenbacke zu identifizieren. (Sammlung Jérome Lantz; Abbildung kann mit dem Mauszeiger vergrößert werden) |
Neben den Zündnadel-Karabinern, die eine Länge von 81 cm hatten und etwa 2,5 kg wogen, kamen bei der Kavallerie als Ordonnanzwaffe die Perkussions-Pistole M/50 zum Einsatz. Bei der Truppe befanden sich Mitte Juli 1870 insgesamt 43.836 Pistolen M/50. Die Pistole M/50 war als Ordonnanzwaffe für die Kürassiere und Ulanen vorgesehen, die Mannschaften der Husaren und Dragoner erhielten den Karabiner M/57. Dagegen behielten Unteroffiziere und Mannschaften die Perkussions-Pistole. Ebenfalls mit dieser Pistole bewaffnet waren die berittenen Artilleristen sowie Unteroffiziere und Fahrer des Trains.[16] Diese älteren Modelle mit der Bezeichnung U/M waren Mitte Juli bei der Truppe in einer Stückzahl von 21.311 vorhanden.[17]
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Füsilier eines Garde-Infanterie-Regiments; eigentlich waren diese Regimenter mit dem Füsiliergewehr M/60 bewaffnet, hier könnte der Füsilier auch die kurze Büchse M/65 tragen. (Sammlung Jérome Lantz; Abbildung kann mit dem Mauszeiger vergrößert werden) |