Bewaffnung der Mannschaften
Seitengewehr
Mit Einführung des Gürtelgepäcks wurde ein Seitengewehr nach französischem Muster unter Wegfall der bisher in der Preußischen Infanterie üblichen Parierbügels eingeführt. Es entsprach dem Faschinenmesser M1840 mit gerader Klinge und einer Gesamtlänge von 64 cm. Dieses hatte einen Messinggriff und steckte in einer schwarzen Scheide. Im Zuge der Heeresvergrößerung von 1860 musste auf ältere Bestände an Seitengewehren zurückgegriffen werden, die zur Nutzung des Faschinenmessers U/M und des Füsilier-Seitengewehrs M60 führte. Das Faschinenmesser U/M war 74,9 cm lang und hatte eine leicht gebogene Klinge, ebenfalls Messinggriff und -beschläge sowie schwarze Scheide. Das Füsilier-Seitengewehr M60 hatte eine Gesamtlänge von 65,5 cm und ebenfalls Messinggriff/-beschläge sowie eine schwarze Scheide. Da das Füsilier-Gewehr kein Bajonett hatte, war dieses Seitengewehr als Haubajonett und zum Aufpflanzen gedacht.
Seitengewehre der Preußischen Infanterie (von links nach rechts): Faschinenmesser M1840 (Klingenlänge 47,9 cm) |
An den Seitengewehren waren Troddeln angebracht, die in ihrer Farbgebung eine Kennzeichnung des Bataillons bzw. der Kompanie gestatteten. Band und Fransen dieser Troddeln waren weiß. Die Troddeln wurden bei den Faschinenmessern am Griff, beim Füsilier-Seitengewehr an der Säbeltasche des Leibkoppels befestigt. Seit der A.K.O. vom 8. Mai 1818 waren die Farben der sonstigen Troddelteile wie folgt festgelegt (als Kranz wird der runde Puschel direkt oberhalb der Fransen bezeichnet; darüber befindet sich der Stengel (bzw. die Eichel) und wiederum darüber der Schieber):
Bataillon | Kompanie | Kranz | Eichel/Stengel | Schieber |
I. | 1. | weiß | weiß | weiß |
2. | ponceaurot | weiß | ponceaurot | |
3. | gelb | weiß | gelb | |
4. | hellblau | weiß | hellblau | |
II. | 5. | weiß | ponceaurot | weiß |
6. | ponceaurot | ponceaurot | ponceaurot | |
7. | gelb | ponceaurot | gelb | |
8. | hellblau | ponceaurot | hellblau | |
III. | 9. | weiß | gelb | weiß |
10. | ponceaurot | gelb | ponceaurot | |
11. | gelb | gelb | gelb | |
12. | hellblau | gelb | hellblau |
Gewehr
Nach Einführung des Zündnadelgewehrs von (Johann Nikolaus von) Dreyse waren in der Preußischen Linieninfanterie während des Krieges von 1870/71 drei Gewehrmodelle im Einsatz:
- Infanteriegewehr M 1841
- Infanteriegewehr M 1862
- Füsiliergewehr M 1860
Alle drei Gewehre hatten das gleiche Kaliber von 15,43 mm und einen Lauf mit vier Zügen, die 0,78 mm tief waren. Die Schäfte aller drei Modelle waren aus Nussbaumholz, die Garnitur, bestehend aus drei Ringen und Abzugbügel, aus Messing. Der aus Vorderladerzeiten bekannte Ladestock wurde bei den Zündnadelgewehren nicht mehr in diese Funktion benötigt, sondern diente zum Entladen der Waffe und zum Reinigen des Laufs. Dieser Stock hatte bei den beiden Modellen der Jahre 60 und 62 einen kleinen Kugelkopf.
Das Modell 1841 konnte bis zum Feldzug von 1866 an alle Infanterieregimenter (außer den Füsilierregimentern) verteilt werden, zu diesem Zeitraum wird der Gesamtbestand an Zündnadelgewehren auf 600.000 geschätzt. Das Gewehr M41 hatte eine mittlere Länge von 142,5 cm und bei aufgepflanztem Bajonett von 192,5 cm. Das Dillenbajonett mit dreikantiger Klinge sollte ständig aufgepflanzt werden. Mit dem 90 cm langen, schmiedeeisernen Lauf wog das Gewehr etwa 4,9 kg ohne und 5,2 kg mit Bajonett. Die Visiervorrichtung mit Standvisier und zwei aufzurichtenden Klappen ließ einen gezielten Schuss von 300 Schritt (225 m) bis 700 Schritt (525 m) zu.
Das Füsiliergewehr M60 wurde Anfang 1861 genehmigt und konnte bis zum Herbst des gleichen Jahres schon an acht der neun bestehenden Füsilier-Regimenter ausgeliefert werden. Bis 1871 wurden 101.886 Gewehre des Modells M60 hergestellt. Das M60 sollte mit der Verkürzung um etwa 12 cm und einer Gewichtsminderung um ein halbes Kilogramm eine Waffe von Elitesoldaten sein, die nach Wunsch des Königs "bei geringer Körpergröße, durch natürliche Körperkraft und Gewandtheit, durch Geschick und Anstelligkeit" den Anforderungen der Füsiliere gewachsen waren. Der gebräunte Lauf war bei diesem Modell etwa 78,5 cm lang. Die beim Gewehr M41 vorhandene Backe im Schaft entfiel beim Füsiliergewehr; dafür konnte der Schaft in zwei Längen it einem Unterschied von 1,95 cm ausgeliefert werden (erkennbar über den Stempel auf der rechten Kolbenseite: L.A. für 'Langen Anschlag' oder K.A. für 'Kurzen Anschlag'). Messinggarnitur. Dieses Gewehr hatte kein Bajonett, stattdessen konnte das Seitengewehr aufgepflanzt werden. Wird dieses Seitengewehr in den Boden gesteckt, wird dem Füsilier eine Auflage für das Liegendschießen geboten.
Im Juli 1862 ging das verbesserte Infanteriegewehr M62 in Produktion, deren erste Exemplare aber erst 1867 ausgeliefert wurden. In den Krieg von 1870/71 konnten nur 32 Regimenter der Linieninfanterie mit diesem Modell ziehen, bis Ende des Krieges wurden 297.228 Gewehre dieses Modells ausgeliefert. Gegenüber dem Modell 1841 war der nunmehr stählerne, gebräunte Lauf um 6,5 cm verkürzt. Es war nunmehr im Schnitt 134 cm lang (mit gebräuntem Dillenbajonett 184 cm) und wog 4,75 kg (mit Bajonett 5,1 kg). Auch hier hatte der Schaft keine Backe mehr und konnte wie beim Füsiliergewehr in zwei Längen ausgeliefert werden. Die Visiervorrichtung ließ nun einen gezielten Schuß von 350 Schritt (262,5 m) bis auf 800 Schritt (600 m) zu.
Infanteriegewehr Modell 1841 | |
Füsiliergewehr Modell 1860 | |
Infanteriegewehr Modell 1862 |